INBEKO - Theorie

Lufthygienebegutachtung in Kurorten
 
Informationen zu den LMU Modellen „INBEKO“
(Integrierte Beurteilungskonzepte in Kurorten)

Prof. Dr. Dr. Dipl.-Phys. J. Kleinschmidt
Stand 20.8.2009

 

  1. Eingliederung in die Systeme
    *    der gesetzlichen Lufthygieneüberwachungen in der Bundesrepublik Deutschland und
    *    in die Verbandsnormen „Begriffsbestimmungen /Qualitätsstandards“ des Deutschen Heilbäderverbands e. V. (DHV; Vorläufer: Deutscher Bäderverband e. V. DBV) und des Deutschen Tourismusverbands e. V. (DTV)

 
a)       Es gibt für die Bundesrepublik Deutschland derzeit für 7 lufthygienische Kenngrößen gesetzliche Grenzwerte (gGW), die gemäß der 23. Bundesimmissionschutzverordnung (BImSchV) in allen der über 30.000 bundesdeutschen Gemeinden einzuhalten sind, so auch in den über 4.000 bundesdeutschen länderstaatlich anerkannten Erholungs- und Luftkurorten, ebenso wie in über 350 höher prädikatisierten Kurorten und Heilbädern, in denen von Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) Zuschüsse zu Medizinischen Kur nach § 23 Sozialgesetzbuch (SGB V) bezuschusst werden.  Durch die zuständigen 16 bundesdeutschen Landesämter (Luftüberwachungsnetze LÜN) werden ständig schon längst (= nach Auslaufen von Übergangsfristen) oder bereits vorbereitend die gas- oder partikelförmigen Substanzen gemessen, für die es entweder schon zu überwachende gGW gibt (z. B. für das Reizgas Schwefeldioxid seit 2005) oder bald geben wird (z. B. für das Reizgas Stickstoffdioxid NO2 ab 2010). 
b)      Die gGW der BImSchV sind allerdings nicht auf wohnortferne Kurzzeitaufenthalte von Tagesbesuchern, Urlaubsaufenthalte oder gar auf Kuren in den prädikatisierten Orten ausgerichtet, die sich (großteils) im Deutschen Heilbäderverband e. V. (DHV) oder im Deutschen Tourismusverband e. V. (DTV) zusammengeschlossen haben. Für kurze Expositionen wären sogar höhere Belastungswerte zulässig, wie sie z. B. bei Besuchen etwa in Mexiko oder in Peking vorkommen.
c)     Die gGW dienen vielmehr ausdrücklich der lebenslangen gesundheitlichen Vorsorge für Einwohner, nicht nur in Kurorten, sondern in allen bundesdeutschen Gemeinden. Hier stehen vor allem die Daueranwohner an verkehrsreichen Straßen im Fokus der regelmäßigen länderstaatlichen Überwachungen, aufwändig realisiert durch die Luftüberwachungsnetze (LÜN) der Länder. 
            Die aktuellen Halbstunden-, Stunden- oder Tageswerte an den Messstationen der amtlichen LÜN sind dabei für jeden Interessierten kostenfrei und unmittelbar aus dem Internet zu erfahren, ebenso viele Archivdaten zu Langzeitverläufen, zu zusammenfassenden Jahresmittelwerten, zu Quantilen und anderen deskriptiven statistischen Maßzahlen, z. B. für 50 LÜN-Messstationen in BAYERN in der Homepages des dortigen Landamts für Umwelt inters.bayern.de/luebmw/html/tagesbericht.php aus http://www.lfu.bayern.de.
d)      Bei den länderstaatlichen Überwachungsstationen überwiegen entsprechend der Vorsorgemaxime der BImSchV zu überwachende „worst cases“, die in die Gruppe „Städtische Verkehrsbelastung“ der LÜN-Messstationen eingeordnet sind. Zu Vergleichszwecken gibt es aber auch die gleichartigen Mess- und Auswertungsdaten für Stationen, die in die Kategorien „Städtischer Hintergrund“ bzw. „ländlicher Hintergrund“ eingeordnet wurden, darunter auch manche Luftkurorte oder höher prädikatisierte Kurorte bzw. Heilbäder, so in Bayern z. B. in den Luftkurorten Lindau oder Regen, im Mineral- und Moorheilbad Bad Reichenhall oder im Heilklimatischen Kurort Garmisch-Partenkirchen.
e)      In den Kurorten kann und soll aber im Marketing nicht auf die eine rechtliche Zulässigkeit von sogar belastenden Mexiko-Besuchen abgehoben werden, sondern umgekehrt auf die regelmäßig zu erwartende Entlastungssituation der sprichwörtlichen kurörtlichen "Luftfrische". Dazu kann leider nur in wenigen Sonderfällen kostenfrei auf die länderstaatlichen Messungen der Umweltämter in vereinzelten Kurorten verwiesen werden.
        Nachdem die bisherigen LÜN-Messstellen nicht ausreichen, um im Marketing flächendeckend für alle Kurorte kostenfrei deren positive Alleinstellungsmerkmale (USP) herausstellen zu können, wurden den Kurorten in den Begriffsbestimmungen eigene Aufwendungen für Lufthygienemessungen vorgeschrieben, die die kurorttypische  „ländliche Erholungsatmosphäre“ kennzeichnen sollen und damit auf die kurörtliche Entlastung von  Verkehr, Lärm und von sonstigen städtischen Belastungsfaktoren abzielen.

 f)    Ein Kopieren der amtlichen LÜN-Messungen in der umfangreichen Art, wie sie etwa zur Erfassung meteorologischer Kenngrößen noch in den ersten Begriffsbestimmungen in vom Kurort einzurichtenden und zu unterhaltenden medizinmeteorologischen Forschungsstationen vorgesehen waren, wäre aber heutzutage für die Kurorte unbezahlbar.
           Nachdem es für die Kurorte aber auch gar nicht um eine gerichtsfeste Dokumentation von kurörtlichen Gegebenheiten im System der BImSchV ging und geht, konnten und können als vereinsinterne Verbandsnormen eigene Kenngrößen definiert werden. Von den Verbandsmitgliedern wurden und werden dabei  - als freiwillige Selbstverpflichtung -  "Richtwerte" festgelegt. Alle Mitgliedsorte in DHV und DTV verpflichten sich dabei, ihre Möglichkeiten einzusetzen, damit diese Richtwerte - die bewußt nicht als "Grenzwerte" ausgewiesen sind, um Verwechselungen mit den gGW zu vermeiden -  nicht überschritten werden.
g)    Auf diese Verbandsnormen beziehen sich in der Folge entweder indirekt als Verweisung oder zuweilen sogar auch direkt gerne die Länderministerium, die für die staatliche Prädikatisierung von Erholungsorten bis hin zu Heilbädern zuständig sind. Und die Behörden wenden die Verbandsnormen dabei auch auf die Orte an, die weder in DTV oder DHV organisiert sind. Die Begriffsbestimmungen haben sich nämlich als weithin plausibles Regelwerk erwiesen, das längerübergreifend Standards vorgibt, die – wenn auch nicht vollständig -  weitgehend die USPs der verschiedenen Artbezeichnungen von Orten, die auf Salutogenese spezialisiert sind, überprüfbar machen.
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Dies erklärt einmal die auf das Marketing ausgerichtete Chancenverwertung der beiden privatrechtlichen Verbände DHV und DTV, wenn in den Begriffsbestimmungen  Beurteilungkriterien als interne Verbandsnorm festgelegt wurden und werden, in Anpassung an die Zielrichtung ihrer Kurorte vereinsrechtlich frei gestaltet.
Zum anderen sollen die Begriffsbestimmungen aber auch von Externen nachvollziehbar sein, wenn im Zuge von amtlichen Anerkennungen, periodischen Überprüfungen sowie ggs. Aberkennungen gerichtsfeste Verwaltungsakte vorzunehmen sind.
Auf die Verwertbarkeit/Bezugsfähigkeit der vereinsinternen Richtlinien durch die jeweiligen Anerkennungsbehörden ist darum ebenfalls Rücksicht zu nehmen, zumal in den 13 Bundesländern nicht nur die in DHV und DTV organisierten Orte, sondern alle länderstaatlich anerkannten Erholungsorte, Küstenbadeorte, Luftkurorte, Seebäder sowie für die höher qualifizierten Kurorte bzw. Heilbäder (inklusive der Orte mit anerkannten Kurbetrieben) durch die Begriffsbestimmungen/Qualitätsstandards mitbetroffen sind.
Es geht dabei aber nicht um Überprüfungen nach Bundesimmissionsschutzgesetz zur Gefahrenabwehr! 
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